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Time to say goodbye AIDA prima

Seit Montag, den 13. April bin ich wieder zu Hause.

Meine letzten drei Wochen an Bord glichen einem Gefühlschaos. Die Tage in den Gästekabinen waren natürlich super. Morgens mit Tageslicht und dem Blick auf das Meer aufwachen war einfach toll nach über vier Monaten im „Dunklen“ aufwachen. Und man konnte sich endlich in einem großen Bett ausstrecken. Das absolute Highlight war aber definitiv der Balkon mit Hängematte. Tatsächlich musste ich mich an den Gedanken gewöhnen, länger an Bord zu bleiben. Es konnte einem nämlich auch niemand genau sagen, wie lange das Ganze gehen wird. Der Flughafen in Dubai war geschlossen und in Deutschland waren ja auch nur noch zwei Flughäfen offen. Aber ziemlich schnell war mir klar, dass es mir an Bord besser geht wie zu Hause. Wir waren zwar in Soft Quarantäne, aber hatten immer noch mehr Freiheiten als zu Hause. Man konnte sich zum Essen verabreden oder ins Fitnessstudio gehen, ja alles mit 1,5 Metern Abstand, aber immerhin hat man sich gesehen. Außerdem durfte man noch ein paar Stunden am Tag arbeiten und so war man auch mit allen Kollegen immer in Kontakt. In dieser Zeit hatten wir auch jede Menge Spaß und konnten Dinge tun, die man im normalen Betrieb oft nicht geschafft hat. Zur Sicherheit musste die komplette Crew jeden Tag zum Temperatur-Check und somit wussten wir, dass wir immer alle gesund waren.

Am 04. April kam dann doch überraschend die Nachricht, dass die Crew nach Deutschland fliegen wird. Es gehen drei Flieger von Dubai nach Frankfurt. Es war schnell klar, dass ich nach Hause muss, da mein Vertrag bei AIDA bereits abgelaufen war. Ich bin ehrlich, dass war zuerst ein großer Schock. Jetzt doch nach Hause? Fliegen unter den Umständen? Komm ich so sicher zu Hause an? Fragen über Fragen, die uns anfangs noch niemand beantworten konnte. Diese Tage waren sehr nervenraubend. Ich hab mir viele Gedanken gemacht, wie es sein wird nach so langer Zeit nach Hause zu kommen und wie es da wohl sein wird.

Zu unserer großen Freude kam am 07.04. die tolle Nachricht, dass unsere Crewbars wieder aufmachen und auch die Shops und der Friseur zwei- bis dreimal die Woche öffnet. 🎉 Es wurde gleich am ersten Abend geshoppt und gefeiert. Da war die ausgelassenere Stimmung wieder zurück an Bord, das hat sooo gut getan. Die Crew saß wieder lachend zusammen, die Abende wurden länger und die Nächte kürzer. Dazu kam, dass wir weiterhin unsere Balkonkabine behalten durften und ich wohl nicht mehr in meine alte Kabine zurückkehren musste bis es für mich nach Hause geht.

Vielen Crew Members aus Deutschland wurde angeboten ihren Vertrag vorzeitig zu beenden und ebenfalls nach Hause zu fliegen. Anfangs war niemand wirklich begeistert von der Idee, das änderte sich allerdings als die Umstände klarer wurden. Der erste Flug ging am 11. April und der zweite am 13. April. Ich war am 13. April dran und zum Glück nicht alleine. Mein halbes Team von der Rezi flog am selben Tag nach Hause und auch Finn flog mit mir. Das erleichterte das Ganze.

Die letzten Tage an Bord

Die letzten zwei Tage an Bord waren eine ganz schöne Achterbahn der Gefühle, auf der einen Seite die Vorfreude auf zu Hause, alle geliebten Menschen wiedersehen, so fern das zu dieser Zeit eben möglich ist. Auf der anderen Seite kam der Abschied näher. Ich habe angefangen meinen Koffer zu packen, den ersten mit lauter Sachen die ich sicher nicht mehr brauchte. Am 11. April wurde einem wirklich bewusst, dass es nach Hause geht.  Man bekam seinen Laufzettel, auf dem stand, was man alles zu erledigen hatte bevor man absteigt und damit wurde es doch tatsächlich nochmal stressig. Vor allem weil wir am 13. schon um 4.00 Uhr abgeholt werden. Das heißt um 3.00 Uhr beim Crew Purser sein zum Auschecken und davor musste man auch noch zum Luggage Check. Da wurde klar, dass diese Nacht wohl kurz wurde. Somit musste alles am 12. erledigt werden. Ich hab vormittags gearbeitet und im Anschluss hieß es meinen zweiten Koffer fertig packen, Uniform abgegeben gehen, Cabin Check, Zeugnis abholen und und und… Als alles erledigt war, wäre ich eigentlich reif fürs Bett gewesen, aber das kam natürlich nicht in Frage. Wir haben uns fertig gemacht für den letzten Abend an Bord. Ein letztes gemeinsames Abendessen mit meinen beiden Jungs stand an und dann ging es natürlich in die Lanai Bar. Die Lanai Bar war so voll wie selten davor, aber klar, es war Farewell. Und was für einer. 🙂 Die Musik war klasse, fast unser komplett Admin Team saß und trank zusammen und die Stimmung war einfach super ausgelassen. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen früher ins Bett zu gehen, aber mir war schnell klar, dass daraus nichts werden wird. Der Abend war einfach großartig, wir tanzten das letzte Mal den Clubtanz und feierten so ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Um 1 Uhr wurde es dann Zeit sich von all denen zu verabschieden, die nachts nicht zum Tschüss sagen kommen würden. Das war tatsächlich nicht so schlimm wie gedacht da man es einfach noch nicht wirklich realisieren konnte. Dann hieß es eine Stunde schlafen, aufstehen, duschen – ja, dass musste sein, sonst wäre ich wohl nie wach geworden – Koffer schließen und letztendlich seine Kabine zu verlassen.

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💙❤️💛💚

Es ging direkt zum Luggage Check und dann auch schon zum Auschecken zum Crew Purser (das ist im Endeffekt die Rezeption und mehr für die Crew). Wir bekamen alle ein Zertifikat ausgehändigt in dem stand, dass unsere Prima frei von Corona war und eine Bestätigung, dass wir Seefahrer sind, um zu Hause problemlos reisen zu können. Dann gab es unseren Reiseschutz, bestehen aus mehreren Handschuhen und natürlich dem Mundschutz. Ohne den durft niemand von Bord. Wir standen dann alle noch länger zusammen, konnten Kaffee trinken oder eine Kleinigkeit frühstücken und mussten auf die Busse warten. Es war ein komisches Gefühl, so viele Crewmitglieder stiegen ab und noch mehr Crew war gekommen um Auf Wiedersehen zu sagen. Dann war es soweit die Busse waren da und es hieß Tschüss AIDAprima. Da liefen auch mal kurz die Tränen, vor allem als ich Fritzi und Patrick Tschüss sagen musste. Ja, man sagt immer, dass man sich wieder sehen will, aber wer weiß schon, was kommt.

Danke !!

An dieser Stelle wird es wohl wieder Zeit für ein riesengroßes Dankeschön!

Danke…

… an AIDA, dass ihr mir diese Möglichkeit gegeben habt. Ich bin in den letzten Monaten oft an meine Grenzen gekommen, aber ich hab sie immer überwunden. Danke auch dafür, dass ihr uns Crew in der schwersten Zeit nicht im Stich gelassen habt. Da geht auch ein großes Danke an die Menschen an Bord von AIDAprima und an Land, die sich in den letzten Wochen immer um uns gekümmert haben! Ich bin stolz Teil der Aida Familie zu sein! 💙❤️💛💚

… an die Crew, WOW! Ich habe noch nie einen Ort gesehen, an dem so viele unterschiedliche Menschen zusammen kommen und es doch so wunderbar funktioniert. An Bord kann jeder so sein wie er ist und findet dennoch oder gerade deswegen immer Anschluss.

… an mein Team, all die Menschen die mich anfangs so toll aufgenommen haben und an alle die Menschen, die in den letzten Wochen, die wahrlich nicht immer einfach waren, immer zusammen gehalten haben. Da gilt mein besonderen Dank der lieben Fritzi, du warst immer eine tolle Chefin und ohne dich wäre meine Zeit an Bord nicht die gewesen die sie war. Die Zeit mit euch werde ich nie vergessen.

… an Finn und Patrick, dafür dass ich euch kennen lernen durfte. Ihr habt meinen ersten Vertrag zu etwas besonderen gemacht. Ich konnte mir nicht vorstellen in so kurzer Zeit jemanden so ins Herz zu schließen, aber ihr habt es geschafft. Ihr habt meine Höhen mit mir gefeiert und mich immer wieder aus den Tiefen rausgeholt, wenn es nötig war.

Zurück zur Heimreise

Es ging mit Bussen zum Flughafen. Natürlich wurde dabei auch Wert auf erhöhte Sicherheitsmaßnahmen gelegt. Am Flughafen angekommen bekamen wir erst einen kurze Schreck, wir waren am falschen Terminal und bis wir das bemerkt hatten waren die Busse natürlich schon weg. Nach einigen Telefonaten mit Aida wurden die Busse jedoch schnell wieder zurück geschickt und die Fahrt zum richtigen Terminal ging weiter. Dort angekommen fragten wir uns auch zuerst, ob wir hier wohl richtig sind. Ich habe noch nie zuvor einen so großen Flughafen leer gesehen. Emirates öffnete gerade erst ihre Schalter und gefühlt waren wir die einzigen Passagiere. Auch hier hieß es anstehen mit Sicherheitsabstand und einzeln einchecken und auch die Sicherheitskontrolle ging super schnell. Trotz Linienflug hatten wir das Glück, dass wir als AIDA Crew alle im hinteren Teil der Maschine zusammen saßen. Ich konnte meinen Platz tauschen und hatte dann den gewünschten Gangplatz neben Finn. Und so war ich auf dem Weg zurück nach Deutschland.

Zurück in Deutschland 🙂

Um 14.30 landeten wir pünktlich in Frankfurt. Hier wurden wir in Gruppen aus dem Flugzeug gelassen und als wir draußen waren kam auch schon unser Gepäck, zum Glück war alles da. Ich hatte mich im Vorfeld dafür entschieden, dass ich nicht abgeholt werden möchte, sondern mit einem Mietwagen nach Hause fahren werde. Ich hab diese Entscheidung hauptsächlich getroffen, weil ich nicht wusste, dass die Heimreise sooo sicher ablaufen würde und ich niemanden der Gefahr aussetzen wollte, sich gegebenenfalls bei mir anzustecken. Das war aber keine gute Entscheidung, viele wurden abgeholt und es war so schön zu sehen wie sie begrüßt und umarmt wurden. Für mich hieß es dann dem Rest Tschüss sagen und dazu gehörte auch Finn. Das war wohl der härteste Abschied. Dann ging es mit dem Mietwagen ab nach Hause, zwei Stunden Fahrt lagen vor mir. Aufs Autofahren hatte ich mich tatsächlich nach einem halben Jahr wirklich gefreut und so konnte ich die freien Autobahnen nutzen und bei lauter Musik nach Hause düsen. Um kurz nach sechs war ich zu Hause und wurde erstmal total toll überrascht. Ein paar meiner engsten Freundinnen und meine Schwester mit ihrem Freund waren gekommen um mich „Willkommen“ zu heißen.  Meine Eltern und Großeltern wohnen im selben Haus und waren natürlich auch da. Ich habe mich sehr gefreut alle zu sehen und doch war ich erstmal überfordert. Normalerweise wäre ich allen um den Hals gefallen, aber in Zeiten von Corona ist das ja nicht erwünscht. Umso mehr habe ich mich über die kurze Umarmungen meiner Freundinnen gefreut. Das tat sooo gut. Bei meiner Familie war das leider nicht möglich, da einige von ihnen zur Risikogruppe gehören. Dieses Risiko wollte und konnte ich natürlich nicht eingehen. Trotzdem habe ich mich sehr gefreut sie alle wieder zu sehen. Außerdem haben mich meine Schwester und ihr Freund mit einer Hängematte überrascht, diese hängt jetzt auf meiner Terrasse und ich freu mich schon in ihr zu chillen. Wir standen ein Weilchen zusammen, haben Sekt geschlürft und gequatscht.

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Für mich stand schon im Vorfeld fest, dass ich den ersten Abend zu Hause nicht alleine verbringen möchte. So habe ich mich mit drei Freundinnen zum Essen verabredet. Pizza und Pasta vom Lieblingslieferdienst. Es war schön meine Mädels wieder um mich zu haben und ich hatte das Gefühl nie weg gewesen zu sein. Das war ein tolles Gefühl. Abends bin ich total erledigt in mein Bett gefallen, war das toll!

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Die ersten Tage zu Hause vergingen sehr schleppend. Ich habe mich wirklich etwas schwer getan wieder richtig zu Hause anzukommen. Meine Koffer standen fast eine Woche halb ausgepackt rum, bis ich den Antrieb gefunden habe sie komplett auszupacken. Und auch so war es schwer sich zurecht zu finden, was definitiv auch der Situation durch Corona geschuldet war. Es gab anfangs viel zu erledigen, Ämter durch telefonieren, Anträge stellen und so weiter… Mein Glück war, dass ich als Seefahrer von der Quarantänepflicht befreit war und somit wenigstens ein paar Sachen machen konnte.

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Stuttgart

Jetzt bin ich bereits seit fast 4 Wochen wieder zu Hause. Und noch immer fällt es mir an manchen Tagen schwer. Ich kann fast behaupten, dass mir langweilig ist. Natürlich genieße ich es nach so langem Arbeiten auch mal auf meinem Sofa zu sitzen und die ganzen Serien zu schauen die ich verpasst habe. Dennoch fehlt mir das Arbeiten, das Leben an Bord und vor allem auch das Zusammensein sehr. Und die Ungewissheit nervt. Denn eins steht schon lange fest und daran hat sich auch nichts geändert, ich werde wieder fahren! Eigentlich wäre ich bereits am 18. April für fünf Wochen auf die AIDAnova aufgestiegen, dass hat sich durch die Situation erstmal erledigt. Mein Vertrag danach soll am 01. August starten. Niemand weiß, ob das etwas wird. Ich hoffe sehr und wäre jederzeit bereit auch früher wieder aufzusteigen. Drückt mir die Daumen. 💙❤️💛💚

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Bis dahin versuch ich die Zeit, auch mit Abstand, mit Freunden und Familie zu genießen. Außerdem freue ich mich sehr, dass ich zu den wichtigsten Menschen, die ich an Bord kennen lernen durfte, doch viel Kontakt habe und den ein oder anderen vielleicht schon sehr bald wieder sehen darf. Wie es bei mir weiter geht, werdet ihr auf jeden Fall hier lesen können. Ich bin selbst gespannt und lass es euch wissen, sobald es etwas Neues gibt.

Bis dahin, macht es gut und bleibt gesund. Julia

Ein Kommentar

  • Martina

    Hallo Julia,

    ich bin heute Abend auf deine Seite aufmerksam geworden als ich auf der Suche nach einem STCW-Kurs war. Habe deinen Bericht über den Kurs gelesen. Spannend und unterhaltsam! Vielen Dank dafür!
    Natürlich wollte ich dann auch wissen, wie es mit dir weiter ging und habe noch andere Beiträge gelesen.
    Ich war die letzen 2 Jahre in der Welt unterwegs und kann dein Gefühlschaos total nachvollziehen.

    Wie geht es dir jetzt und was machst du gerade?

    Würde mich freuen mit dir zu schreiben!

    Viele Grüße, Martina

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